So lebte es sich in einer mittelalterlichen Burg

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Um das Mittelalter ranken sich viele Gerüchte und Legenden. Kaum einer weiß, dass „das dunkle Zeitalter“, wie das Mittelalter umgangssprachlich auch genannt wird, diesen Namen nicht deshalb trägt, weil es dort besonders gefährlich oder grausam war. Sondern eher deshalb, weil wenige Schriftquellen und auch archäologische Funde existieren und daher gewisse Aspekte des mittelalterlichen Lebens “im Dunkeln liegen”.

Fernsehshows und Spielfilme versuchen sich mit großartigen Kulissen und aufwendigen Kostümen dem Leben in mittelalterlichen Burgen zu nähern, doch entsprechen die Darstellungen oft nicht der Realität. Lies hier weiter, um zu erfahren, wie das Leben in einer Burg tatsächlich aussah und wieso es nicht so glamourös war, wie uns das Fernsehen weiß machen will.

1. Ein entspanntes Bad bedeutet Vorbereitung- und ein großes Publikum

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Baden im Mittelalter war zwar ein Luxus, den sich nur wenige leisten konnten, jedoch war der Badevorgang keineswegs so entspannend wie man sich heute ein Schaumbad vorstellt. Sauberes Wasser war Mangelware und musste zunächst eimerweise aus dem Brunnen nach oben befördert werden. Das Erwärmen des Wassers dauerte mitunter Stunden.

Privatsphäre war ein Fremdwort, oft befanden sich mehrere Personen im Raum, während sich ein Burgbewohner in der Wanne sauber schrubbte. Da das Holen und Erwärmen des Wassers so aufwendig war, musste am Waschtag mehrere Menschen im gleichen Badewasser nacheinander Platz nehmen. Der Letzte in der Badewanne wusch sich also im Dreck der anderen. Entspannung sieht anders aus.

2. Alkohol in Hülle und Fülle

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Filme und Fernsehshows über das Mittelalter suggerieren, dass in dieser Zeit Trinkgelage an der Tagesordnung waren. Während die Menschen im Mittelalter sicherlich wussten, wie man ein gutes Fest feiert, floss der Alkohol nicht nur zu Unterhaltungszwecken. Tatsächlich war das Trinkwasser der Zeit ungenießbar, verursachte schwere Magen-Darm-Infekte und übertrug Krankheiten.

Daher tranken auch schon Kinder selbstgebrautes Bier, denn durch den Brauprozess wurden Keime und Bakterien abgetötet. Auch in Zeiten der Hungersnot war Bier ein wichtiger Kalorienlieferant, die Mönche nutzten das Bier sogar als Fastenkur. Viele der heutigen Brauereien entstammen den mittelalterlichen Klöstern und produzieren noch heute nach den Rezepten der alten Mönche. In diesem Sinne: Prost!

3. Feueralarm in der Küche war an der Tagesordnung

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Besonders im Früh- und Hochmittelalter waren Küchenfeuer keine Seltenheit. Während der Rest der Burgen aus Stein gebaut und daher relativ feuerfest waren, wurden die Küchen zunächst aus Holz errichtet. Gekocht wurde über der offenen Flamme, oftmals brannten in der Küche mehrere Feuer um große Mahlzeiten herstellen zu können. In der Hektik der Küche kam es daher oftmals zum Ausbruch von Feuern, die schnell die gesamte Küche erfassten.

Da es in den Burgen keine Bevorratung von Löschwasser gab, konnte man in den meisten Fällen nur hilflos zusehen, wie Küche, Inventar und die Lebensmittelvorräte dem Feuer zum Opfer fielen. Im Verlauf des Hochmittelalters begann man auch die Küchen aus Stein zu bauen.

4. Privatsphäre gab es nur für die Burgherren

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In einer mittelalterlichen Burg war man nie alleine. Es wimmelte nur so von Familienmitgliedern, Bediensteten, Händlern, Besuchern und Wachleuten. Ausschließlich der Burgherr und seine Frau hatten einen Rückzugsort, der ein gewisses Maß an Privatsphäre bot. Auch hier gingen die Bediensteten regelmäßig ein und aus, jedoch konnte der Burgherr die Tür zu seinen Privaträumen verschließen und darum bitten, nicht gestört zu werden. Ein Luxus, den die restlichen Burgbewohner nicht hatten.

Die Privaträume, auch Solar genannt, befanden sich meist auf dem obersten Stockwerk von einer der Burgtürme. Dieser Ort bot nicht nur eine gewisse Sicherheit gegen Eindringlinge, er befand sich auch in gewisser Distanz zum Trubel des restlichen Burglebens.

5. Vollkornbrot war das Nahrungsmittel der Armen

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Heutzutage kaum vorstellbar, aber Vollkornbrot war im Mittelalter deutlich billiger als Weißbrot. Während das helle Brot heute zu niedrigen Preisen im Supermarkt angeboten wird, kostet gehaltvolles Vollkornbrot deutlich mehr. Im Mittelalter jedoch aßen nur die Armen kerniges Brot, da der Preis für gemahlenes Korn zu hoch war. Oftmals enthielt das Brot nicht nur ungemahlene Körner, sondern auch Steinfragmente, sodass sich viele Menschen wortwörtlich die Zähne daran ausbissen.

In der Burg unter den Adeligen aß man weiches Weißbrot, sodass die Zähne der Reichen geschont wurden. Archäologen nutzen heute dieses Wissen, um Skelette anhand ihrer Zahnüberreste einer gesellschaftlichen Schicht zuordnen zu können.

6. Der Burggraben war kein Swimming Pool

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Viele Burgen im Mittelalter waren umgeben von einem Burggraben. Dieser diente vor allen Dingen dem Schutz der Burg vor Eindringlingen. Während auf alten Darstellungen der Graben um die Burg herum fast schon pittoresk wirkt, wurde stark davon abgeraten, in dem Wasser zu schwimmen.

Denn Müll und andere Abfälle aus der Burg wurden oftmals direkt in den Burggraben geleitet. Andere Burgen verfügten über eine separate Klärgrube für die Fäkalien der Burgbewohner. Diese Klärgrube konnte jedoch in Notfällen über einen Mechanismus mit dem Burggraben verbunden werden. Kam es also zu einem Angriff auf die Burg, wurden die Angreifer von einer faulend stinkenden Jauchegrube um die gesamte Burg herum begrüßt.

7. Dreckige Fußböden in der ganzen Burganlage

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Trotz Hunderten von Bediensteten war es nahezu unmöglich, eine Burg von oben bis unten sauber zu halten. Durch die große Anzahl an Personen, die tagein, tagaus durch die Flure der Burgen schritten, waren besonders die Fußböden ein Graus für Reinigkeitsfanatiker. Immer wieder wurden von draußen Dreck, Fäkalien und Essensreste an den Schuhen der Besucher hineingetragen.

Reinigungsmittel wie heute gab es nicht, teure Seifen wurden nicht für dreckige Böden verschwendet. Auch das Wasser, mit dem die Böden gereinigt wurden, war oftmals stark verdreckt und roch unangenehm, sodass auch nach dem Wischen ein fauliger Geruch zurückblieb. Vom Fußboden essen wollte hier sicher niemand.

8. Es wehte ein eisiger Wind

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Zwar boten Burgen im Mittelalter maximalen Schutz für die Bewohner innerhalb der Burgmauern, jedoch war es keinesfalls ein heimeliger Ort. Die dicken Steinwände schlossen die Kälte im Inneren ein, selbst bei hohen Außentemperaturen war es kühl im Burginneren. Fenster waren Mangelware, da sie einerseits sehr teuer waren und andererseits ein Sicherheitsrisiko darstellten.

So gelang kaum Sonnenlicht hinter die Burgmauern und auch die Wärme musste draußen bleiben. Feuer im Inneren der Burg war gefährlich und wurde daher nur in ausgewählten
Räumen angezündet. Mittelalterliche Quellen berichten, dass nur das Skriptorium, also der Ort, an dem die Mönche Urkunden und Bücher verfassten, geheizt war, um das Arbeiten der Mönche zu erleichtern.

9. Ratten waren die (ungewollten) Haustiere der Burgbewohner

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Die Bewohner von Burgen lebten mit Tieren Tür an Tür. Hühner, Hunde, Pferde und andere Nutztiere waren ein fester Bestandteil des Alltags. Weniger willkommen waren hingegen die Ratten, die es sich in den dunklen und feuchten Gängen der Burgen heimisch gemacht hatten. Da die hygienischen Zustände in den Burgen katastrophal waren, fanden die Ratten hier reichlich zu essen und ein warmes Plätzchen zum Schlafen.

Zwar hatten die Menschen gelernt, mit dem Ungeziefer zu leben, doch bereitete es ihnen keine Freude. Die Bewohner hatten Angst vor den Tieren und diese Angst war nicht unbegründet. Ratten waren die Überträger vieler Krankheiten und fielen wie Plagen über die Vorräte der Burgküchen her.

10. Bleib bloß vom Kerker fern

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Kerker gehörten neben den Schlafkammern, der Küche und den Festhallen zur Grundausstattung jeder mittelalterlichen Burg. Sie befanden sich im Keller der Burgen, wo es nass und kalt war und sich die Ratten nur so tummelten. Wer hier eingesperrt war, musste sich wenig Hoffnung machen, den Kerker lebend zu verlassen. Die Gründe für die Haft im Kerker waren jedoch nicht immer der Strafe angemessen.

Viele Menschen wurden in den Kerker eingesperrt, weil sie aus Armut heraus klauen mussten. Die harte Bestrafung sollte den anderen Burgbewohnern als Abschreckung dienen, was jedoch kaum Effekte zeigte, da die meisten Menschen die Wahl hatten zwischen Verhungern oder Stehlen.

11. Die Foltermethoden waren unglaublich grausam

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Eine Sache, die wiederholt in den Spielfilmen über das Mittelalter wahrheitsgemäß aufgeführt wird, ist die mittelalterliche Vorliebe für grausame Foltermethoden. Ähnlich wie bei den harten Strafen für kleinere Delikte, wie Diebstahl, waren die Foltermethoden oft unangemessen in Anbetracht des Vergehens.

Oftmals dienten die Foltermethoden nicht nur dazu, Informationen aus einem Menschen herauszulocken. Sie stellten außerdem einen möglichst grausamen, öffentlichen Weg dar, Menschen hinzurichten und die Mitmenschen abzuschrecken. Öffentliche Folterungen und Hinrichtungen waren zudem ein Highlight jeden Volksfestes. Mit Fressbuden und Musik kamen dort ganze Familien zusammen und schauten bei den Folterungen zu. Auf dem Heimweg waren wohl alle froh, dass es sie diesmal nicht getroffen hatte.

12. Der Tag begann mit dem ersten Sonnenstrahl

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Heutzutage wird unser Leben kaum noch vom Stand der Sonne bestimmt. Im Mittelalter gab es neben dem Feuer keine Lichtquelle, die die Nacht erleuchten konnte, sodass der Tag bei Beginn der Dunkelheit zu Ende ging. Dies bedeutete auch, dass die Menschen spätestens mit dem ersten Sonnenstrahl aufstanden, um den Tag möglichst effektiv zu nutzen.

Ausgeschlafen wurde also nicht. Ausnahmen dürften dennoch die Burgherren und adeligen Gäste gewesen sein, die nach einem langen Fest auch gerne mal etwas länger in den Federn blieben. Bedienstete standen meist sogar noch vor Sonnenaufgang auf, um Holz für das Feuer zu sammeln, Wasser für den Hausherren aus dem Brunnen zu holen oder das Frühstück vorzubereiten.

13. Treppen wurden im Uhrzeigersinn gebaut

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Beim Bau der Burgen wurde nichts dem Zufall überlassen. So führten alle Treppen einer Burg im Uhrzeigersinn nach oben. Bei dieser Bauchtechnik der Treppen in mittelalterlichen Burgen handelte es sich jedoch keinesfalls um ein Designelement, sondern vielmehr um eine strategische Finesse. Die meisten Menschen im Mittelalter waren Rechtshänder oder wurden zumindest so erzogen.

Bei Angriffen durch Eindringlinge führte die Richtung der Treppenhäuser dazu, dass der Angreifer sein Schwert zur schwer mit der rechten Hand führen konnte und durch die Wand zu seiner Rechten deutlich eingeschränkt war. Im Gegenzug hatten die Verteidiger, die die Treppe hinunter schritten, volle Bewegungsfreiheit und konnten die Angreifer so besser abwehren.