Das Mittelalter wird heute gern verklärt als eine romantische Zeit oder zumindest eine Periode, in der das Leben einfacher schien als unser heutiges. Dies liegt sicher auch daran, dass viele Mittelalterfeste eine Atmosphäre schaffen, die doch recht weit von der eigentlichen Lebenssituation der Leute im Mittelalter entfernt ist.
Im Mittelalter gab es überwiegend zwei Orte, an denen Menschen wohnten: auf dem Land oder auf der Burg. Im Spätmittelalter kamen die sich entwickelnden Städte als Wohn- und Lebensraum hinzu. Die Städte entwickelten sich meist um die Burgen herum, lagen also meist außerhalb der Burgmauern.
Die Burgen dagegen waren die mächtigsten Bauwerke der damaligen Zeit und Heim für sehr viele Menschen mit sehr unterschiedlichen Aufgaben und Plätzen im Leben einer Burg. Burgen dienten der Repräsentation von Herrschaft und Macht, sie waren Verteidigungsanlagen, die Schutz für die Bevölkerung boten. Wie jedoch das Leben auf einer Burg aussah, das wissen die wenigsten. Die vielen Burgen, die noch erhalten sind, sind Zeugen einer längst vergangenen Zeit, die immer noch zu uns spricht.
1. Die Burgen waren voller Menschen
Mit Burgen assoziieren die meisten Kaiser, Könige und Fürsten, die rauschende Feste feiern und von Wachposten mit schweren Rüstungen beschützt werden. In Wirklichkeit waren die Adligen von Hunderten von Menschen umgeben. Oft waren die Familien der Burgleute zahlreich und jede Person hatte zahlreiche Diener und andere Angestellte für die verschiedensten Aufgaben.
Dazu kommen Handwerker und Küchenarbeiter und weitere Personen. Das alles führte dazu, dass die Burgherren und ihre Familien sehr oft in der Unterzahl waren. Es kamen obendrein Händler in die Burg, Gäste, die ebenfalls Diener mitbrachten und deren etwaige Unterkünfte auch unterhalten werden mussten.
2. Lieber nicht im Kerker landen
Durch ihre Größe boten Burgen viel Platz für die unterschiedlichsten Räume: Festsäle, Küchen, Lagerräume und Küchen, sowie Stallungen für alle möglichen Tiere. Nicht zu vergessen sind die Verliese und Kerker. Dies waren dunkle, feuchte Räume, meist in den Tiefen der Burg, in denen Leute gefangen gehalten wurden, die gegen den Burgherren ein Verbrechen begangen hatten. Dort unten wurden die Leute festgehalten und manchmal auch vergessen. Daneben gab es auch Folterkammern, deren Funktion klar ist.
Allein die Hygiene dieser Räume war Bestrafung genug und auch Folter zugleich. Etwas, was man tunlichst vermeiden wollte.
3. Ratten gehörten dazu
Aufgrund der feuchten Umgebung waren Burgen das ideale Zuhause für Ratten und anderes Getier, welches man eher ungern in seinem Haus weiß.
Ratten gehörten wie selbstverständlich zum Alltag dazu, obschon es bekannt war, dass diese Tiere Krankheiten übertrugen. Von daher fürchteten sich die Menschen im Mittelalter vor ihnen und sie sollten Recht behalten, denn Ratten galten als einer der Auslöser für die Pest-Epidemien im späten Mittelalter. Allerdings gibt es Forschungen, die diese These zumindest hinterfragen.
Daneben lebten in den Burgen auch andere Tiere bzw. Lebewesen, die wir heute als Ungeziefer beschreiben würden, wie zum Beispiel Kakerlaken.
4. Baden war eine lästige Pflicht und ein offenes Spektakel
Wer schon einmal in einer alten Burg stand, der weiß, wie rustikal die sanitären Einrichtungen waren, sofern sie denn vorhanden waren. Oft waren die Mauern aus Stein und waren kalt und feucht, besonders im Herbst und Winter. Die Adligen konnten im Gegensatz zur einfachen Bevölkerung regelmäßig ein Bad nehmen.
Allerdings war dies gar nicht so einfach. Das Wasser musste erhitzt und in den Raum getragen werden, in dem der Badezuber stand. Das erforderte schwere körperliche Arbeit der Diener. So ein Bad war eine sehr öffentliche Angelegenheit, denn es badeten immer mehrere Personen nacheinander im selben Zuber. Das Wasser wurde also bei jedem Badenden kälter aber auch schmutziger. Ähnlich verhielt es sich wohl auch mit den Handtüchern.
Heute haben wir den Vorteil, eine Dusche in aller Ruhe genießen zu können. Dies war in früheren Jahren nicht möglich, denn es gab keine Privatsphäre. Ein Bad war quasi eine öffentliche Veranstaltung, denn im Raum befanden sich immer mehrere Personen. Es fehlte also an Hygiene und Privatsphäre.
5. Ausschlafen gab es nicht
Neben der fehlenden Privatsphäre und Hygiene war man gezwungen, den Tag und das Tageslicht vor allem effektiv zu nutzen. Das bedeutete, dass mit Sonnenaufgang das Leben und der Tag begannen und jeder seinen Aufgaben nachging. Ohne Elektrizität war Feuer die einzige Lichtquelle. Diese durfte niemals erlöschen.
Die Fenster, so sie denn vorhanden waren, waren die einzigen Lichtquellen in den Burgen selber, was die Leute zwang, früh aufzustehen und ihr Tagwerk zu beginnen. Selbst in den Dörfern ging das Leben bei Sonnenaufgang los und endete selten vorher. Zeit für einen Plausch mit den Kollegen schien es da wenig zu geben.
6. Zieh dich besser warm an!
Trotz ihrer imposanten Bauweise: ihre starken Mauern signalisierten Schutz und Macht, waren Burgen dennoch kalte, wenn nicht gar zugige Orte. Es gab keinerlei Isolation, was insbesondere im Winter spürbar war: Es war kalt und dadurch wohl wenig angenehm in einer Burg zu leben, allem Schutz zum Trotz.
Dadurch, dass die Fenster so sehr klein waren, kam zudem nur wenig Wärme durch Sonnenlicht ins Innere. Einige Räume hatten gar keine Fenster und waren dadurch wahre Eisschränke. Umso wichtiger waren deshalb Feuerstellen, die es in der Küche gab, dort aber vor allem zur Zubereitung der Mahlzeiten dienten. In den Gemächern des Burgherren und seiner Familie gab es ebenfalls Feuer.
7. Tschüss Privatsphäre
Nach außen wirkten und wirken Burgen abweisend und undurchdringlich. Im Inneren jedoch waren sie offen und boten wenig Rückzugräumen für die Leute, die dort lebten. Privatsphäre gab es nicht.
Für den Burgherren und seine Gemahlin und die Familie gab es zwar eigene Gemächer, für die Diener und anderen Leute, die in der Burg lebten und arbeiteten, gab es das nicht. Sie mussten sich Schlafräume, Bäder, Speisesäle und vieles mehr teilen. Somit war man immer und überall von Menschen umgeben und zu Interaktion gezwungen.
8. Gäste zu bewirten, war keine leichte Aufgabe
In den meisten Filmen dienen Burgen als Hintergrund für immense Feste und Speisen. Für die Diener bedeutete das sehr viel Arbeit: Besorgung, Zubereitung, Bedienen und Aufräumen erforderte Zeit und Arbeitskraft. Es gab keine moderne Küchenausstattung oder Lastaufzüge zwischen Küche und Festsaal.
Allein schon die Versorgung mit Lebensmitteln, geschweige denn deren Zubereitung waren viele Leute nötig. Hinzu kam das Geschirr! Die Mahlzeiten wurden je nach Rang zubereitet und serviert: zuerst wurden der Burgherr und seine Familie bedient und sie erhielten auch das qualitativ beste Essen. Je tiefer im Rang, desto später wurde das Essen serviert und desto schlechter war es.
9. Alkohol gab es immer reichlich
Wie heute auch, gab es zu den Mahlzeiten Alkohol: Wein, Ale, Met und Bier waren sehr populäre Getränke zu Festmahlzeiten. Die Hersteller solcher Getränke waren sehr angesehen.
Die Qualität des Wassers war im Mittelalter oft nicht sehr hoch, sodass die Unterschicht eher Bier trank, um Krankheiten zu vermeiden, die durch verschmutztes Wasser hervorgerufen werden konnten. Die Oberschicht trank, was sie wollten, während die Unterschicht trank, was sie in die Hände bekamen, allein schon aus gesundheitlichen Gründen, weil beim Brauen die Krankheitserreger abgetötet wurden dazu kam, dass Bier gesund war und auch immer noch ist. Sogar Kinder tranken Bier, denn frisch gebrautes Bier enthielt kaum oder gar keinen Alkohol.
10. Küchenbrände waren nicht ungewöhnlich
Eine Küche war im Mittelalter in einer Burg ein gefährlicher Ort. Es brannten ständig mehrere Feuer und die Einrichtung war sehr oft aus Holz. Dadurch waren Feuer in der Küche keine Seltenheit…
Oft kam es sogar zu Großbränden, die die ganze Küche vernichtete. Die Burg als solche wurde davon nicht in Mitleidenschaft gezogen, weil die Mauern aus Stein waren. Somit waren die Brände zwar verheerend aber lokal auf die Küche eingeschränkt, die oft vollkommen zerstört wurde. Auch wenn die Burg bestehen blieb, war der Verlust für die Burgherren oft ein herber Schlag, der sogar ihre Herrschaft bedrohen konnte.