Dschingis Khan gilt als einer der berühmtesten Eroberer der Geschichte. Er schaffte das vermeintlich Unmögliche und vereinte sämtliche kleinen Stämme im Gebiet der heutigen Mongolei unter seinem Banner. Sein Eroberungsfeldzug führte in über weite Teile Zentralasiens bis in den Norden Chinas. Das neu gegründete Mongolische Reich reichte vom Japanischen Meer im Osten bis zum Kaspischen Meer im Westen.
Um dieses beeindruckende Ergebnis zu erzielen, war selbstverständlich eine mächtige und disziplinierte Armee nötig. Allerdings schreckte Dschingis Khan auch nicht vor Brutalität und Erniedrigungen des Gegners zurück. Doch auch innerhalb der eigenen Reihen galten strenge Regeln mit erheblichen Strafen. Wir zeigen, worauf die Soldaten des mächtigen Khans achten mussten.
1. Die besten Bogenschützen
Der militärische Erfolg von Dschingis Khan beruhte zu einem großen Teil auf seinen Bogenschützen. Diese gehörten zu den besten und treffsichersten der Welt. Sie konnten selbst aus vollem Galopp vom Rücken eines Pferdes aus ihre Ziele treffen. Doch diese Zielsicherheit wurde den Mongolen nicht in die Wiege gelegt.
Nachdem die Stämme vereinigt wurden, führte Dschingis Khan verschiedenste Ausbildungsprogramme und Wettkämpfe ein. Selbst junge Kinder traten in Ringkämpfen, Wettreiten, athletischen Wettkämpfen und Bogenwettbewerben gegeneinander an. So wurden bereits die Jüngsten auf ihre Zukunft als Teil der mongolischen Armee vorbereitet. Hinzu kamen Zuchtprogramme für Pferde und das Fertigen der stärksten Bögen. Bessere Bogenschützen waren zu dieser Zeit nicht vorstellbar.
2. Sich um die Pferde kümmern
Dschingis Khan war unter anderem dank der hohen Mobilität seiner Armee derartig erfolgreich. Seine berittenen Einheiten waren schnell und wendig. Sie konnten binnen kürzester Zeit große Strecken zurücklegen und feindlichen Soldaten überraschen. Schlachtfelder wurden umgangen, um dem Gegner in den Rücken zu fallen.
Selbstverständlich war dies nur möglich, wenn die Pferde der Armee fit und gesund waren. Darum war es für jeden mongolischen Soldaten Pflicht, sich um die Pferde zu kümmern. Jeder von ihnen hatte sogar mehrere Pferde in seinem Besitz. Damit diese stets einsatzbereit blieben, benötigten sie viel Futter, Wasser und selbstverständlich Training und Pflege. Wir vermuten, dass der größte Teil der Zeit für diese Tätigkeiten aufgewendet wurde.
3. Tolerant sein
Obwohl Dschingis Kahn weite Teile Asiens und sogar einzelne Gebiete Europas eroberte, hatte er kein Bedürfnis, seine Religion zu verbreiten. Der mongolische Glaube beruht auf einem Konzept des Schamanismus. Geister und Vorfahren waren die wichtigsten Bezugspunkte. Damit war es für Dschingis Kahn auch nicht von Bedeutung, wenn andere Menschen an einen oder mehrere Götter glaubten.
Er erkannte, dass es deutlich weniger Probleme verursachen würde, wenn er den eroberten Menschen ihren Glauben belässt. Religiöse Stätten wurden beibehalten und nicht zerstört. Diese Toleranz wurde auch von seinen Soldaten eingefordert. Innerhalb der Armee war es bei Strafe verboten, Streitigkeiten aus religiösen Gründen auszutragen.
4. Rückzug war keine Schande
Vielmehr setzte Dschingis Khan einen taktischen Rückzug als Mittel zum Zweck ein. Wohl wissend, dass seine Feinde mit mongolischen Reiterhorden eine ungeordnete und taktisch unterlegene Armee verbinden, nutzte er dies zu seinem Vorteil. Er ließ den größten Teil seiner Armee zurückfallen, sodass nur eine kleine Gruppe an Reitern für den Feind sichtbar war.
Diese ritten einen Angriff, um sich kurze Zeit später scheinbar panisch und kopflos zurückzuziehen. Die Feinde folgten diesem Trupp, um blindlings in die Falle zu laufen. Denn selbstverständlich handelte es sich um keinen panischen Rückzug, sondern um ein ausgeklügeltes Manöver, um den Feind unerwartet mit der vollen Macht der gesamten Armee in die Zange zu nehmen.
5. Eine strikte Wehrpflicht befolgen
Um all die fremden Reiche zu erobern, benötigte Dschingis Khan eine gewaltige Armee. Dementsprechend war es nicht möglich, die Soldaten auf freiwilliger Basis zu rekrutieren. Innerhalb seines Reiches galten strenge Regeln, welche Männer zur Armee mussten. Es heißt, dass sämtliche Männer im Alter von 16 bis 60, welche körperlich unversehrt waren, zur Armee einberufen werden konnten.
Schätzungen gehen davon aus, dass jeder sechste bis siebte Mann im Mongolischen Reich ein Soldat war. Selbstverständlich war ein Soldatenleben sehr gefährlich. Diese Gefahren wurden jedoch durch das hohe Ansehen, welches die Soldaten genossen, kompensiert. Außerdem war die Strafe für die Weigerung der Armee beizutreten der sichere Tod.
6. Die Beute teilen
Trotz der Wehrpflicht erhielten mongolische Soldaten keinen festen Lohn. Dies mag heutzutage etwas unüblich erscheinen, konnte in der damaligen Zeit aber überraschend gut umgesetzt werden. Neben kostenloser Verpflegung durften die Krieger von Dschingis Khan auch eroberte Gebiete plündern. Allerdings galten für diese Beutezüge strenge Regeln.
Erst nachdem ein Feind vollständig besiegt war, durften Menschen als Sklaven gefangen, Pferde, Gold, Silber und andere Wertsachen beansprucht werden. Ein jarqu genanntes eigenes Komitee teilte die gesamte Beute fair unter allen Soldaten auf. Je höher der Rang, umso höher fiel die Belohnung aus. Aber auch spezielle Verdienste und großer Mut konnten so gezielt belohnt werden.
7. Disziplin und Befolgen der Anweisungen
Wenn in der mongolischen Armee ein Befehl ausgesprochen wurde, galt es diesen sofort ohne zu Zögern zu befolgen. Wer Befehlen nicht Folge leistete, wurde ausgepeitscht. Bei wiederholtem Fehlverhalten konnten die Strafen gesteigert werden, bis zur Hinrichtung von Soldaten. Diese Bestrafung wurde auch über Soldaten verhängt, welche während ihrer Wach-Schicht eingeschlafen waren, desertierten oder im Kampf in Panik verfielen und die Ränge störten.
Überraschenderweise wurden auch Offiziere streng bestraft. Wenn beispielsweise die Ausrüstung eines Soldaten verschwand, wurde nicht dieser einzelne Soldat, sondern der vorgesetzte Offizier bestraft. Denn dieser hatte es offensichtlich nicht geschafft, seine Untergebenen zu kontrollieren und seine Einheit in Ordnung zu halten.
8. Alle Soldaten sind gleich
Neben einer großen religiösen Toleranz prägte auch die Gleichheit der Soldaten das mongolische Reich. Die wichtigste Regel lautete: Höhere Ränge – und damit mehr Ansehen und größere Anteile an der Beute – erhielten jene Soldaten, welche großartige Leistungen erzielten und über militärisches Talent verfügten. Im Gegensatz zu anderen Armeen wurden Verwandtschaftsverhältnisse – und damit reiche Familien – bei Beförderungen nicht berücksichtigt.
Und auch wenn Frauen in der Armee nicht dienen durften, konnten sie im Mongolischen Reich dennoch wichtige Positionen bekleiden. Vor allem hohe politische Ämter wurden häufig mit Frauen besetzt. Doch auch Schamaninnen waren keine Seltenheit. In einer Zeit, in der Frauen beinahe nirgends Rechte besaßen, war dies besonders bemerkenswert.
9. Die Taktik der militärischen Gegebenheit anpassen
Dschingis Khan suchte meist den offenen Kampf in weiten Feldern. Hier konnten seine Reiter ihre volle Stärke ausspielen. Die Bogenschützen konnten effizient eingesetzt werden. Das Flankieren der gegnerischen Armee war eine sehr weit verbreitete Taktik. Gelegentlich musste Dschingis Khan jedoch trotzdem befestigte Städte einnehmen.
Hier war es selbstverständlich unmöglich, die Reiterhorden wild auf den Gegner losstürmen zu lassen. Es erforderte eine gänzlich andere Taktik. Dschingis Khan hatte für diesen Zweck Spezialisten aus fernen Ländern in seiner Armee. Diese Ingenieure entwickelten Katapulte und mit Schwarzpulver gefüllte kleine Sprengkugeln und Raketen, um so die befestigten Mauern zum Einsturz zu bringen. Erst dann wurde die restliche Armee eingesetzt.
10. Alle verfügbaren Waffen einsetzen
Die mongolische Armee ist heutzutage vor allem für ihre mächtigen Bogenschützen bekannt. Wahre Pfeilhagel wurden auf die Feinde niedergelassen. Doch die Soldaten von Dschingis Khan hatten mehr als nur Pfeile in ihrem Arsenal. Sie verfügten über mächtige Belagerungswaffen wie Katapulte und Balliste, hatten durchschlagskräftige Armbrüste für kurze Distanzen und besaßen ein weit gefächertes Repertoire an Nahkampfwaffen.
Vor allem einschneidige Schwerter ohne Krümmung waren sehr beliebt. Doch auch Streitkolben, Äxte und Speere sind durch archäologische Funde und historische Quellen belegt. Derartig universell ausgerüstet, waren die Soldaten in der Lage, sich auf jede Gegebenheit anzupassen und entsprechend der Gegner ihre Waffen zu wählen.
11. Stillschweigen über den Aufenthaltsort seines Grabes bewahren
Selbst nach seinem Tod im Jahr 1227 nahmen die Vorschriften kein Ende. Dschingis Khan beschloss noch zu Lebzeiten, dass er in einem schlichten, unauffälligen Grab bestattet werden wollte. Nach seinem Tod hoben seine Soldaten eine kleine Grube aus und bestatteten den Kriegsfürsten. Da dieser nicht wollte, dass irgendwelche Spuren auf seine letzte Ruhestätte hinweisen könnten, ließen die Soldaten 1.000 Pferde über sein Grab trampeln.
So wurde die Erde derartig verdichtet, dass es unmöglich wurde, die kleine Grube zu entdecken. Heute, knapp 800 Jahre später, ist nach wie vor kein Hinweis auf die Grabstätte von Dschingis Khan bekannt – ein sicheres Zeichen dafür, wie groß die Disziplin im mongolischen Heer tatsächlich war. Das Foto zeigt eine Statue des Herrschers in Badain Jilin Desert.