11 Personen, die für die Erforschung der bipolaren Störung entscheidend waren

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Die bipolare Störung ist eine Krankheit, die Mediziner selbst heute noch vor Rätsel stellt. Dies gilt für viele mentale Krankheiten, die sich im Gehirn des Menschen abspielen, da viele Symptome in solchen Fällen „im Kopf“ entstehen und es einfach dauert, bis diese verstanden werden können.

Über die Zeit konnten viele Psychologen und andere Forscher allerdings wichtige Erkenntnisse über die bipolare Störung sammeln, bei der es zu großem, mentalem Stress für den Patienten kommt und bei denen heftige Stimmungsschwankungen von Euphorie bis zu Manie die Folge sein können. Wir präsentieren dir 11 wichtige Personen, die ihren Beitrag geleistet haben, damit wir heute mehr über diese Krankheit wissen und Menschen gezielter helfen können.

1. Emil Kraepelin steckte wichtige Fakten ab

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Im Jahr 1899 sollte es der deutsche Psychologe Emil Kraepelin sein, der den Begriff der manischen Depression zum ersten Mal nutzte und für die Zukunft prägte. Damit gilt er als Vorreiter, wenn es um die Erkenntnis geht, bestimmte Symptome und psychische Ausprägungen der bipolaren Störung zusammenzuführen und in einen wichtigen, medizinischen Zusammenhang zu bringen.

Ohne Kraepelin gäbe es das Wissen oder vielleicht sogar den Begriff „bipolar“ in der heutigen Form gar nicht. Weiterhin erforschte er den Zusammenhang der Krankheit mit Stimmungsschwankungen sowie den Gedanken und der Willenskraft des Patienten. Heutigen Erkenntnissen zufolge könnte er zudem der erste Wissenschaftler gewesen sein, der dem persönlichen Temperament Bedeutung zuschrieb.

2. Erste Erkenntnisse vor über 2000 Jahren: Aretaeus von Cappadocia

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Schon in antiken Zeiten haben Menschen sowohl Manien als auch Depressionen erkannt und wussten damit von der Existenz diverser mentaler Zustände. Aretaeus von Cappadocia beschäftigte sich als erster Forscher genauer mit beiden Zuständen. Das ist bereits über 2000 Jahre her und lässt uns darüber staunen, was Menschen damals schon wussten, lange bevor es Medizin in der heutigen Form gab.

Aretaeus erkannte, dass Manien und Depressionen zwar nicht gleichwertig waren, aber als Ausprägung derselben Krankheit verstanden werden konnten. Damit legte er den alles entscheidenden Grundstein dafür, dass die bipolare Störung als Krankheit wahrgenommen und behandelt wurde. Auch wenn die ersten Fortschritte noch länger auf sich warten ließen.

3. Wichtige Zusammenhänge, die Jean-Pierre Falret aufzeigte

Im Jahr 1851 gelang dem französischen Psychologen Jean-Pierre Falret ein Durchbruch der Forschung. Er entwickelte ein Modell, das bis heute „la folie circulaire“, also die zirkuläre Geisteskrankheit, genannt wird. Für ihn war es ein entscheidender Faktor, dass die bipolare Störung wie ein Kreis verstanden werden kann:

Neben der Manie und Depression gehört das Normale ebenso in diesen Zirkel. Die Krankheit kann immer nur verstanden werden, wenn die normalen Phasen einbezogen werden. Was macht eine bipolare Person phasenweise normal und was löst Episoden aus? Dank Falrets Forschung wurden die Phasen der Krankheit nicht mehr isoliert, sondern in Abhängigkeit voneinander betrachtet. Viele neue Perspektiven auf die Krankheit sollten im Anschluss die Folge sein.

4. Mogens Schou erbrachte wichtige Erkenntnisse für die Behandlung der Krankheit

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Mitte des 20. Jahrhunderts erbrachte der dänische Psychologe Mogens Schou einen wichtigen Anteil, der die Forschung vorantrieb. Er konzentrierte sich aber nicht auf Klassifizierungen oder Zusammenhänge, sondern auf die Heilung der Krankheit.

Schou konnte aufzeigen, dass Lithium ein effektives Mittel zur Behandlung und Vorbeugung bipolarer Krankheiten ist. In der Folge wurde Lithium zum Behandlungsmittel Nummer 1, das sich auf dem ganzen Globus verbreitete und Millionen von Menschen Hoffnung spendete. Der Däne konnte somit als erster Forscher einen wichtigen Schritt im Linderungsprozess gehen. Als problematisch gestaltete sich bloß, dass das frühzeitige Erkennen der bipolaren Störung noch nicht verstärkt möglich war, was das effektive Vorbeugen zu einer schwierigen Angelegenheit machte.

5. Frederick Goodwin agiert als Lehrmeister

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Frederick Goodwin ist der Co-Autor eines der wichtigsten Bücher im Bereich der mentalen Krankheiten. Gemeinsam mit Kay Jamison schrieb er das Buch mit dem Titel „Manic Depressive Illness“, das sich als maßgebend für die zukünftige Forschung erwies und viele wichtige Erkenntnisse lieferte.

Außerdem trat er für viele Jahrzehnte als unermüdlicher Sprecher, Lehrmeister für Forscher und Ärzte, Helfer für Patienten und Berater für jedes Thema rund um die Krankheit in Erscheinung. Nicht zuletzt setzte er sich stark dafür ein, den Begriff „Bipolarität“ zu eliminieren und stattdessen von der „Manischen Depression“ zu sprechen. Goodwin gilt bis heute als Pionier und seine Arbeit kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

6. Hagop Akiskal zeigte das breite Spektrum der Störung auf

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Hagop Akiskal wurde im Libanon als Sohn armenischer Eltern geboren. Akiskals Arbeit beschäftigte sich mit dem Spektrum der Krankheit. Er zeigte als Befürworter dieses Begriffs gleichzeitig auf, was genau das Wort „Spektrum“ im Zusammenhang bedeutet.

Akiskal machte uns bewusst, dass das Spektrum eine immense Reichweite besitzt und dabei aus zahlreichen, sich überschneidenden Zuständen besteht. Diese haben allesamt vielseitige Ausprägungen, die von der Bipolarität über Depressionen, Manien und Unipolaritäten bis zu Angstzuständen reichen. Außerdem bewies er, wie stark die bipolare Störung mit Faktoren wie dem Temperament einer Person und der allgemeinen Persönlichkeit eines Menschen zusammenhängen. Akiskal gelang ein unglaublicher Durchbruch, der das Verständnis der Krankheit in all ihren Facetten förderte.

7. Karl Leonhard steckte wichtige Grenzen ab

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Ebenfalls in der Mitte des 20. Jahrhunderts gelang Karl Leonhard ein wichtiger Forschungsschritt. Er stellte die bedeutsame Trennung von bipolaren und unipolaren Zuständen dar, um die Krankheit besser zu verstehen.

Konkret bedeutete das: Fortan sollten Forscher die manische Depression zum einen als Bipolarität, zum anderen als unipolare Depression verstehen sowie natürlich zwischen den beiden Seiten unterscheiden, sie vergleichen und voneinander abgrenzen. Durch seine Arbeit war es in der Folge möglich, die Krankheit als viel engeres Themenfeld wahrzunehmen. Außerdem kümmerte er sich verstärkt um Faktoren wie den familiären Hintergrund und die medizinische Geschichte eines Patienten, sodass die Krankheit charakterisiert werden konnte. Damit wurde der Mensch bei Leonhard in den Vordergrund gerückt.

8. Kay Jamison gab der Krankheit eine menschliche Seite

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Diesen Ansatz verfolgte auch Kay Jamison, benannte Co-Autorin des Werkes „Manic Depressive Illness“ neben Goodwin. Bei ihr sollte die Krankheit ein menschliches Gesicht bekommen. So schrieb sie ihr eigenes sensationelles Werk „An Unquiet Mind“.

Ihre Meinung: Es hilft nicht, immer nur wissenschaftlich über die bipolare Störung zu sprechen. Sie versuchte die Krankheit menschlich zu erfassen und die konkreten Auswirkungen im Gehirn aufzuzeigen. Der „Guardian“ schrieb selbst im Jahr 2011 noch: „In den 16 Jahren, seit „An Unquiet Mind“ erschienen ist, konnte kein bedeutenderes Werk über die manische Depression (…) verfasst werden“. Jamison gilt damit als eine der wichtigsten Personen in der Erforschung der Krankheit.

9. Robert Spitzer revolutionierte die Diagnostik

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Robert Spitzer entwickelte im Jahre 1980 das sogenannte DSM-III. Es handelt sich um eine Art Bibel für die psychische Diagnostik, die das Forschungswesen der Krankheit für immer veränderte. Er verwandelte die komplexe Krankheit in eine Art Checkliste. Auf dieser Liste befanden sich vereinfacht formulierte Symptome, die auf eine bestimmte Ausprägung der Krankheit hinweisen konnten. Dies führte zu etwas sehr Wichtigem:

Durch diese Art des schnellen Tests konnten Patienten in relativ kurzer Zeit durch ein Ausschlussverfahren viel gezielter behandelt werden. Außerdem verhinderte Spitzer die Über- und Unterdiagnose der bipolaren Störung durch klares Aufzeigen von Symptomen und Ausprägungen. Die DSM-III hat selbst heute noch große Bedeutung in der Psychologie.

10. Die Forscher der Uni Marburg

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Zum Abschluss geht es uns in dieser Liste nicht um eine konkrete Person, sondern ganze Gruppen von Menschen, die heute noch viel für die Erforschung der bipolaren Störung tun. Schließlich ist der Weg noch lange nicht zu Ende gegangen. Zahlreiche Forscher an der Uni Marburg haben beispielsweise eine wichtige Entdeckung gemacht, die auf das Jahr 2019 zurückgeht.

Sie entdeckten 30 Regionen in der DNA eines Menschen, die mit der Erkrankung im Zusammenhang stehen, bis dato aber unerforscht waren. Diese Regionen können das Aktionspotential der Neuronen im Gehirn beeinflussen und damit wenig überraschend auch einen immensen Beitrag leisten, wenn es um positive oder negative Symptome im mentalen Bereich geht.

11. Die Wissenschaftler des Uni-Klinikums Frankfurt

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Im Klinikum der Universität Frankfurt wurden hingegen bereits im Jahr 2014 Ruhezustands-Netzwerke im Gehirn entdeckt. Diese wirken beispielsweise im Schlaf oder tagsüber, sobald der Mensch ausruht und nichts macht. Es stellt sich die Frage, ob dieses Ruhenetzwerk bei Personen mit bipolarer Störung ausreichend bedient wird.

Insbesondere kann eine Störung des Netzwerks zu Symptomen oder Episoden führen und auch das Speichern neuer Informationen beeinträchtigen. Wie du siehst gibt es im menschlichen Gehirn noch sehr viel zu erforschen, um sowohl die bipolare Störung als auch weitere Krankheiten besser zu verstehen. Wenn Menschen weiterhin so arbeiten, wie die 11 Personen und Einrichtungen auf dieser Liste, können wir aber positiv in die Zukunft blicken.