Alte Häuser erzählen Geschichten. Lustige, traurige und manchmal auch skurrile. Generationen kommen und gehen. Sie alle hinterlassen Spuren ihres ganz persönlichen Lebensstils. Dieses Farmhaus auf Long Island war vierzig Jahre lang in Vergessenheit geraten, bevor es wieder betreten wurde.
Ein Mann namens Bryan Sansivero hatte es sich zur Aufgabe gemacht, mehr über dieses verlassene Gebäude zu erfahren. Was er dabei entdeckte, beeindruckte ihn so stark, dass er alles dokumentieren wollte, was er gesehen hatte.
Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit lassen erahnen, wie sich das Leben hier abspielte. Werfen auch Sie einen Blick in die Vergangenheit des Hauses mit all seinen Überraschungen.
1. Das Haus: gut versteckt und uneinsehbar
Der Fotograf Bryan Sansivero hatte über viele Ecken von dem Gebäude erfahren. Er war immer auf der Suche nach verlassenen Orten, um beeindruckende Fotos zu schießen. Bryan war erstaunt darüber, wie wenige Menschen von der Existenz dieses Hauses wussten.
Allerdings war es vor allem die lange, von Bäumen eingesäumte Einfahrt, die von außen keinen Blick auf das Anwesen zuließ. Und so empfand es der Fotograf als eine Art Zeitreise, als er sich in Richtung Gebäude auf den Weg machte.
Und dann erschien es vor ihm. Wie ein Relikt aus längst vergangener Zeit. Die Neugier war geweckt und Bryan wollte mehr erfahren.
2. Dem Verfall preisgegeben
Sofort erkennbar: Dieses Haus im viktorianischen Stil hat schon bessere Zeiten gesehen. Es war jahrelang unbewohnt und der Zahn der Zeit hinterließ deutliche Spuren. Die einst so beeindruckenden Säulen des 1860 erbauten Haupthauses wurden teilweise zerstört und das Dach müsste dringend erneuert werden.
Neben dem Haupthaus befanden sich auf dem großen Grundstück weitere Gebäude. Unter anderem mehrere kleine Scheunen, ein Pferdestall sowie eine Garage. Bryan war beeindruckt.
Die Farm befindet sich in Commack im Suffolk County, New York. Es waren Secatogue-Indianer, die dem Ort seinen Namen gaben. Das Gelände der Marion Carll Farm stammt noch aus den Zeiten vor dem Bürgerkrieg.
3. Zurück in die Vergangenheit
Die letzte Bewohnerin des Hauses war Marion Carll. Eine angesehene Lehrerin, nach der sogar Mitte der 1950er-Jahre eine Schule in der Gemeinde benannt wurde. Sie hinterließ ihren Besitz dem Distrikt. Aber nur unter der Bedingung, dass dieser lediglich historischen Zwecken dienen würde.
Im Einvernehmen mit der örtlichen Behörde betrat Bryan Sansivero das Haus mehrmals, um immer wieder auf neue, beeindruckende Dinge aus der Vergangenheit zu stoßen. So viele Erinnerungen an Marian Carll, auch dieses Paar Schuhe, das sie mit Sicherheit getragen hatte.
Man konnte den Eindruck gewinnen, die Besitzerin hätte ihr Haus nur verlassen, um bald wieder zurückzukehren. Der Fotograf war völlig fasziniert.
4. Hinweise auf Walt Whitman
Bryan stieß auf jede Menge alter Familienfotos. Zudem fand er ein historisches Buch von Kerriann Flanagan Brosky, das mehr über das Anwesen aussagte. Danach gehörte das Land, auf dem sich die Farm befindet, zunächst dem Indianerstamm der Secatougue.
Eine Urkunde bezeugt, dass die Ureinwohner das Grundstück 1698 einem Mann namens John Whitman überstellt hatten. Bei ihm handelt es sich um einen Urahnen des bekannten Dichters Walt Whitman.
Das überraschte Bryan Sansivero sehr. Unerwartete Zusammenhänge, die sein Interesse an dem Haus nur noch mehr verstärkten. Und so war er gespannt auf das, was er noch entdecken würde. Jetzt wollte er sich im oberen Geschoss des Gebäudes umsehen.
5. Die Treppe zum Obergeschoss
Es lässt sich nur noch erahnen, wie prachtvoll diese Treppe einmal gewesen sein muss. Neben dieser Haupttreppe führt eine weitere in den Kellerbereich. Leider existieren hiervon keine Fotos, denn die baufälligen Stiegen stürzten ein, nachdem Bryan einen kurzen Blick in den Keller geworfen hatte.
Glücklicherweise wurde er dabei nicht verletzt. Interessanter als der Keller war zudem der Salon. Denn dort stieß der Fotograf auf ein ganz besonderes Stück Geschichte.
Er hielt den Atem an, als der Raum betreten hatte. Hier fühlte es sich exakt so an, als wäre die Zeit stehen geblieben. Ein bewegender Augenblick, den er wohl nie vergessen wird.
6. Zeugnis einer musikalischen Bewohnerin
Obwohl der gesamte Raum über und über mit Staub bedeckt war, kam es dem Fotografen so vor, als würde Marion Carll jeden Moment wieder hier erscheinen. Vor allem das herrliche Klavier mit seinen hübschen Schnitzereien fesselte ihn besonders.
Hausmusik war damals an der Tagesordnung und ein Klavier zu besitzen, nichts Ungewöhnliches für eine Lehrerin. Wahrscheinlich musizierte sie hier im Kreis ihrer Freunde und Verwandten. Eine schöne Vorstellung in der heutigen hektischen Zeit, in der TV, Radio und Internet weitgehend das Leben bestimmen.
Da kommt bei nicht wenigen Menschen die Sehnsucht auf, nach der Ruhe und Gelassenheit vergangener Tage. Aber natürlich war auch damals nicht alles nur angenehm.
7. In fast jedem Raum ein Kamin
Noch heute weiß wohl jeder die wohlige Wärme eines Kamins zu schätzen. Es bedarf keiner großen Vorstellungskraft um zu ahnen, wie die gemütlichen Abende von Marion Carll und ihren Freunden in diesem Haus aussahen.
Der Marmorkamin befindet sich in einem der Wohnzimmer. Er ist in einem noch erstaunlich guten Zustand. In dem in der Ecke stehenden Sessel wurde ein gutes Buch gelesen oder den Erzählungen von Besuchern gelauscht.
Ein idyllisches Plätzchen, das einmal mehr die Atmosphäre wiedergibt, in der Marion Carll gelebt hat. Bryan wird dieses Gefühl noch intensiver erlebt haben. Er stand mit seinem Fotoapparat irgendwie mitten in der Vergangenheit.
8. Kleidung wurde selbst geschneidert
Es ist nur zu vermuten, dass Marion Carll diese Bluse selbst trug. Sie schien aber generell eine begeisterte Näherin zu sein. In ihrem Schlafzimmer fanden sich entsprechende Utensilien wie Garn und die altmodische Schneiderpuppe.
Obwohl die Bluse im Laufe der Jahre deutlich gelitten hat, sind die wunderschönen Stickereien noch immer sichtbar. Damals hatten viele Frauen Interesse an Handarbeiten wie dem Sticken. Und so kann davon ausgegangen werden, dass auch die Lehrerin sich damit beschäftigte.
Zudem fand Bryan viele Kleidungsstücke im Haus, die offensichtlich selbst geschneidert waren. Marion Carll legte anscheinend sehr viel Wert auf ihre äußere Erscheinung. Schließlich stand sie auch in der Öffentlichkeit.
9. Im Jahr 2011 als gefährdeter historischer Ort eingestuft
Die gemeinnützige Gesellschaft zur Erhaltung historischer Gebäude von Long Island stufte die Farm neben drei weiteren Orten als gefährdeten historischen Platz ein. Der Historiker Robert C. Hughes nominierte das Anwesen.
In Rahmen eines Interviews mit der New York Times erklärte er, dass dieser Ort nicht nur aufgrund der Gebäude, sondern auch wegen der noch vorhandenen Einrichtung erhalten bleiben müsse. Er strebe eine Sammlung an, um die Farm weiterhin unterhalten zu können.
Mit dieser Entscheidung wäre Marian Carll mit Sicherheit einverstanden gewesen. Genau das hatte sie wohl beabsichtigt, als sie die Farm der Gemeinde unter der Voraussetzung vererbte, sie lediglich für historische Zwecke zu nutzen.
10. Wie geht es weiter mit der Farm?
Um alles möglich zu machen, was die Farm erhalten könnte, trafen sich Anwohner des Distrikts Commack mit Angehörigen der Schulbehörde. Eine Vertreterin der Gemeinde, Debbie Virga, trug sich mit dem Gedanken, aus der Farm einen öffentlichen Park zu machen.
Dies stieß jedoch auf Widerstand innerhalb der Gemeindemitglieder. Es war eine Einwohnerin namens Cynthia Clark, die einem lokalen Nachrichtensender ihre Befürchtung mitteilte, dass einige der vorgeschlagenen Verwendungszwecke für die Carll Farm nicht im Sinne der Erblasserin seien.
Cynthia schlug vor, einen mit Fokus auf Bio ausgerichteten Bauernhof auf der Carll Farm zu realisieren. Außerdem dachte sie an ein Bildungszentrum nach einer Restaurierung der historischen Stätte.
11. Historische Dokumente
Wer Näheres über das imposante Carll Anwesen, die historischen Hintergründe und das Leben der Familie wissen möchte, hat die Chance bei der Huntington Historical Society. Hier können historische Bücher eingesehen werden, die Vieles aus der damaligen Zeit offenbaren.
Dies hat ein Mann namens Edwin L. Soper möglich gemacht. Er untersuchte über einige Jahrzehnte hinweg die Historie ortsansässiger Familien und so dokumentierte er auch die Geschichte der Carll Familie.
Es ist also nicht nur das Haus, das seine Geschichte vom Leben in längst vergangener Zeit erzählt. Spannend sind auch die recherchierten Zusammenhänge und Verbindungen der einzelnen Familien, die hier ansässig waren.