Kurz vor Mittag betritt Tim Grenzwert die Redaktion. Als langjährige Freunde begrüßen wir uns herzlich. Einige meiner Kollegen schmunzeln, denn Tim ist Erotikfilm-Produzent, ein ungewöhnlicher Beruf. Wir sprechen über seinen Arbeitsalltag, die Entwicklung der Erotikindustrie und die bestehenden Vorurteile.
Dabei erfahren wir mehr über eine Branche, die oft im Verborgenen bleibt und mit vielen Klischees behaftet ist. Tim gewährt uns Einblicke in seine Welt und zeigt, dass hinter den Kulissen mehr steckt, als man auf den ersten Blick vermuten würde.
1. Erotikfilm-Produzent im Interview
Der Einstieg in unser Gespräch war ziemlich direkt, als ich Tim unverblümt fragte: „Na, heute schon Menschen beim Verkehr gefilmt oder gesehen?“ Tim lachte laut und gestand schelmisch: „Ja, tatsächlich. Also gefilmt habe ich heute noch niemanden beim Sex.
Aber ich habe heute drei Pornos geschaut.“ In einer Woche muss er sich 15 bis 20 Filme aus verschiedenen Bereichen ansehen und sie dann für seine Auftraggeber überprüfen. Bevor wir zu tief in die Materie eintauchen, fragte ich, wie er eigentlich zu diesem ungewöhnlichen Beruf kam.
2. Die Anfänge
Nach der Mittleren Reife absolvierte Tim ein Fachabitur in Wirtschaft und Verwaltung, fand es aber langweilig. Er wollte etwas machen, das ihm Freude bereitet, wie Musik oder Film, vorzugsweise Regie und Kameraarbeit.
Durch seinen Bruder erfuhr er von einer Anzeige der Firma Inflagranti, die einen Praktikanten für Filmproduktion suchte. Tim bewarb sich, stand eine Woche später bei einer SM-Produktion in einem Berliner Wald am Set und half einer Domina mit ihrem Korsett. Trotz anfänglicher Bedenken erkannte er, dass die Arbeit professionell ablief, inklusive normaler Bürojobs in der Pornofirma.
3. Tim Grenzwert’s Werdegang
Tim Grenzwert hatte die Idee, eine Kreativschmiede zu gründen und Musikvideos zu produzieren. Unter dem Namen „Grenzwert-Images“ drehte er Videos für verschiedene Künstler, darunter auch den bekannten Rapper King Orgasmus One. Obwohl Tim nicht vollständig von seinem Firmennamen überzeugt war, mochte er das „Grenzwert“ darin.
Er schlug vor, dass alle Mitarbeiter auf Facebook „Grenzwert“ als Nachnamen verwenden sollten, aber letztendlich tat dies nur er. Diese Entscheidung zahlte sich aus, als er auf einer B2B-Messe auf Mallorca erkannt wurde und seinen Künstlernamen „Tim Grenzwert“ annahm.
4. Tim Erfolg
Tim Grenzwert ist mittlerweile ein angesehener Name in der Pornoindustrie, von Darstellern wie Conny Dachs und Jason Steel bis zu Mia Julia Brückner und Lullu Gun vertraut. Er hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten und sowohl für renommierte Produktionsfirmen als auch in Eigenregie erfolgreich gearbeitet.
Seine „Bums Bus“-Reihe, inspiriert von „Bang Bus“, ist bekannt. Tim betreibt zwei Podcasts, den „Grenzwert-Podcast“ mit seiner Frau Maria Mia und „Stilles Wasser“, in dem er Brancheninsider interviewt. Seine Vielseitigkeit und Kreativität zeichnen ihn aus. Doch wie sieht ein Tag am Set eines Erotikfilms für Außenstehende aus?
5. Ein Tag auf einem Pornoset: So erlebt man ihn
In den Augen vieler mag die Pornobranche oberflächlich erscheinen, jedoch täuscht dieser Eindruck. Tim Grenzwert erklärt: „Der Tag beginnt für alle um 9 Uhr. Der Kamera-, Ton- und Fotografenmann müssen am Set sein. Die Darstellerinnen und Darsteller gehen zuerst in die Maske, gefolgt von Fotoshootings für DVD-Cover und Vorschaubilder, was anderthalb bis zwei Stunden in Anspruch nimmt.“
Anschließend wird Zeit für Social-Media-Aktivitäten eingeplant, bevor es zur Einleitungsszene kommt. Danach folgt der eigentliche Akt, der oft einem Baukastensystem von vier Positionen, einschließlich Blowjob, Doggy, Reiter, Missionar und Löffelchen, entspricht. Dieser Teil kann bis zu drei Stunden dauern.
6. Ständige Erregung am Set? Nicht wirklich!
In der Pornobranche geht es nicht nur um sexuelle Lust, sondern auch um harte Arbeit und Professionalität. Der Arbeitsalltag auf einem Pornoset beginnt früh, mit Vorbereitungen wie Make-up und Fotoshootings für DVD-Cover und Vorschaubilder. Die eigentlichen Dreharbeiten folgen einem routinierten Ablauf, der verschiedene Positionen und Einstellungen beinhaltet.
Trotz der intimen Szenen ist die Arbeit eher eine technische Angelegenheit als ein sexuelles Vergnügen. Tim Grenzwert betont, dass die Geilheit oft erst beim Schneiden der Filme aufkommt. Die Realität am Set ist nicht immer glamourös, da Faktoren wie Körpergerüche und Hitze eine Rolle spielen. Dennoch kann man in dieser Branche durchaus erfolgreich sein.
7. Vom Waschbecken zum Millionär mit Erotikinhalten?
Kann man mit Erotikinhalten reich werden? Tim Grenzwert hat die Antwort auf eine der häufigsten Fragen in diesem Geschäft: „Wenn du das halbherzig machst, kannst du schon so deine 2.500 Euro netto im Monat verdienen, was ja nicht viel ist – also für jemanden, der sich vor der Kamera auszieht.
Im klassischen Pornobereich kannst du, wenn du das Fulltime machst, schon ganz gutes Geld verdienen. Aber wenn du richtig Gas gibst, kannst du bis zu 20.000 Euro im Monat machen, aber da musst du dich dem Bereich wirklich komplett widmen, um deinen Namen zu pushen.”
8. Verdienste von weiblichen Darstellerinnen in der Erotikbranche
Auch bei männlichen Darstellern hat sich das Verdienstniveau im Laufe der Jahre gesteigert. Als Tim seine Karriere begann, erhielten Männer etwa 250 Euro pro Szene. Im Jahr 2014 stieg dieser Betrag auf 400 Euro, als er für Magma-Firmen arbeitete. Während der Pandemie erhöhten sich die Preise erneut, und viele männliche Darsteller verdienen nun ab 500 Euro pro Szene.
Die meisten bewegen sich im Bereich von 800 bis 900 Euro, und der Preis steigt je nach Anforderungen und Follower-Zahl auf Social-Media-Plattformen. Gelegentlich wurden sogar 5.000 Euro für eine Szene gezahlt, was sich als lohnenswert erwies. Klassische Castings sind selten geworden, da es bereits ausreichend Online-Inhalte gibt, um das Potenzial eines Darstellers zu beurteilen.
9. Vergütung für männliche Darsteller: Abgrenzung und Verdienst
Der Traum vom Pornodarsteller-Dasein sieht für Männer vielleicht weniger lukrativ aus als gedacht. Laut Tim Grenzwert betrug das Einkommen vor einigen Jahren etwa 250 Euro pro Szene, stieg dann auf 300 Euro und erreichte während der Pandemie 500 Euro. Dies liegt daran, dass Männer oft mehrmals pro Dreh gebucht werden, da ihre Rolle eher eine dienende ist, während weibliche Darstellerinnen die Hauptarbeit leisten.
Die Preisverhandlungen ändern sich jedoch ständig, da Plattformen wie „OnlyFans“ die Branche beeinflusst haben. Erfolgreiche Content Creator können oft von zu Hause aus in wenigen Stunden mehr Geld verdienen als am Set. Tim verrät, dass demnächst viele neue Plattformen, die „OnlyFans“ ähneln, auch aus Deutschland kommen werden.
10. Gängige Klischees in der Erotikbranche
In der Erotikindustrie sind Vorurteile und Klischees allgegenwärtig, und Tim Grenzwert kennt sie nur allzu gut. Die gängigen Vorstellungen von einem Pornoproduzenten als dicken, ungepflegten Mann mit einem Camcorder entsprechen nicht der Realität.
Ein hartnäckiges Klischee, das Tim besonders stört, ist die Gleichsetzung von Pornografie mit Prostitution. Dieses Missverständnis betrübt ihn und ärgert ihn zugleich. Er setzt sich aktiv dafür ein, ein realistisches Bild der Pornobranche zu vermitteln und gegen veraltete Ansichten anzugehen. Tim hofft auf eine bessere Aufklärung über das Thema Pornografie, insbesondere bei jungen Menschen.
11. Die Realität der Pornografie: Aufklärung ist nötig
Die Aufklärung über Pornografie sollte nach Tim Grenzwert nicht nur den Eltern überlassen werden. Er schlägt vor, dass Sexualkundeunterricht auch Informationen über realistischen Sex und den Einfluss von Pornos enthalten sollte. Er betont, dass Hardcore-Produktionen oft ein verzerrtes Bild von Sex vermitteln.
Tim empfiehlt, Jugendlichen beizubringen, dass pornografische Darstellungen nicht der Realität entsprechen und respektvoller Umgang mit Partnern wichtig ist. Er merkt an, dass in den USA vor Pornos ein Disclaimer erscheint und hofft, dass dies auch in Deutschland umgesetzt wird. Einige Personen in der alternativen Pornoszene setzen sich bereits für bessere Aufklärung ein. Tim betont abschließend, dass Pornografie keine Anleitung für Sex sein sollte.
12. Aufklärung über Pornografie
Tim und ich haben immer lange und fesselnde Gespräche, und er bringt viel Fachwissen und interessante Geschichten mit. Wer mit ihm zusammenarbeitet, hat das Glück, einen kompetenten Partner und sogar einen Freund zu haben.
Ich bin sicher, dass es weitere Gespräche geben wird, die ich gerne mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, teilen werde. Die Zusammenarbeit zwischen Branchenexperten und Außenstehenden kann dazu beitragen, Missverständnisse in der Erotikindustrie aufzuklären. Es gibt noch viel zu sagen und zu diskutieren, und das ist positiv.